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Italienurlaub

Anekdoten

Italienurlaub

Eigentlich war mein Vater in seiner aktiven Zeit ziemlich weit weg von einer 40 Stunden Woche und geregeltem Familien- und Freizeitleben. Manchmal habe ich ihn tagelang nicht gesehen. Zeitig am Morgen bereits ins Büro, ob Gewerkschaft in der Maria Theresienstraße, oder in die so genannte 'Executive' der Verkehrsbetriebe in die Favoritenstraße; und spät abends nach diversen politischen Versammlungen und Besprechungen wieder nach Hause. Und dies Insbesondere in den Wahlkampfzeiten. Entweder habe ich noch, oder schon wieder geschlafen.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass wir uns allesamt auf die Urlaubszeit gefreut haben. Zumeist sind wir nach Italien, nach bekannten Orten, Jesolo, Rimini und Bibione gefahren. Und weil mein Vater seine Familie liebte, versuchte er in dieser Zeit halt besonders nett und zuvorkommend zu sein. Obwohl er uns auch vielleicht unbewußt ein wenig seiner Liebe erdrückte. Aber meine Mutter und ich genossen diese Zeit, wo wir ihn für uns hatten und mit niemanden 'teilen' mussten.

1965 machten wir Urlaub in Ancona. Ich zählte so an die 13 Lenze. Und mit meinen schon damals 180cm Höhe und knapp 90 Kilo, ließen mich nicht unbedingt optisch als Kind erscheinen. Eher das Ebenbild eines jungen Mannes. Dem Rechnung zu tragen war mein Vater besonders bemüht. Jeden Morgen das gleiche Prozedere - "Magst an Kaffee - Burli?" (Burli, das war ich!?) - Freundlich, monotone Antwort meinerseits - "Nein, Danke. Ich trinke keinen Kaffee". Dann kam der Mittag - "Magst eine Suppe haben - Burli?" - Freundlich, monotone Antwort meinerseits - "Nein, Danke. Ich esse keine Suppe". Und das gleiche Spiel auch am Abend. Das zog sich so an die zehn Urlaubstage dahin. Gleiche Fragen, selbe Antworten.

Jedenfalls habe ich in diesem Urlaub eine Deutsche kennen gelernt. Sie war sehr nett, hübsch, intelligent und ich total verknallt. Sie hatte in den Augen meines Vaters bloß zwei Nachteile:
a) Sie war in Folge einer Kinderlähmung gehbehindert und
b) Sie war 21.
Ball spielen, am Strand herumhüpfen ging nicht. Also haben wir uns viel im Wasser herumgetrieben. Und dort sind wir uns halt immer Näher und Näher gekommen. Jedenfalls wollte ich mit ihr unbedingt mal 'ausgehen'. Und was ich mir in meiner Fantasie bereits ausmalte, verrate ich hier nicht. Ich habe meinen Vater um Taschengeld gebeten um meine Wunschvorstellungen, hinsichtlich Einladung und so ...., zu realisieren.
Denkste! Er war eigentlich nie knausrig. Aber in diesem Fall hat er mich in ein ernstes Gespräch verwickelt; Thema Mädchen, junge Frauen, und Behinderungen und Abhängigkeiten. Ich vermute aus Sorge um seinen "Burli". Taschengeld bekam ich keines. Er hat auch mit meiner Eroberung gesprochen und sie über mein wahres Alter aufgeklärt. Bis dahin habe ich sie nämlich im Glauben gelassen, ich wäre bereits 18.

Aus war es mit Ausgehen, mit Unterhaltung und herumblödeln. Meine Angebetete war wie vom Erdboden verschluckt. Ich war gekränkt, frustriert und wütend. Und genau aus diesem Grund kam dann folgendes Gespräch zustande.:
"Ich bin kein Kind mehr; mach Dich nicht zum Großvater; trinke auch keinen Kaffee am Morgen und esse keine Suppe! Ist Dir dies schon mal aufgefallen?" - verdutzte Antwort: "AHA"! Meine Mutter hat sich köstlich amüsiert und wäre uns beinahe am Eiskaffee vor Lachen erstickt.

Ich glaube es war unser letzter gemeinsamer, großer Urlaub. Aber wir haben uns noch viele Jahre später über die Begebenheiten in diesem Urlaub amüsiert.






zuletzt bearbeitet: Montag, 07.März 2016 - 15:05, UTC